Snuff Killer - La morte in diretta(Snuff Trap / Snuff Trap - Die Kamera läuft... / Snuff Killer)Italien 2003 - Directed by Bruno Mattei
Starring: Carla Solaro, Gabriele Gori, Carlo Mucari, Achille Brugnini, Anita Auer, Federica Garuti...
"That's the one! Blue eyes, blonde hair. She's the one I want."Karl (Valerio Alessandrini), der grimmig dreinblickende Zwerg, der die Photographien gespannt betrachtet, läßt keinen Zweifel aufkommen, wen er haben will. "She", das Mädel mit den blonden Haaren und den blauen Augen, hört auf den Namen Lauren (Federica Garuti) und weiß noch nichts von ihrem "Glück". Das ändert sich rasch, denn als sie nach einem Discobesuch mit ihrem Freund (Raul Tilli) im Auto rumknutscht, erfolgt die brutale Attacke. Die Scheibe wird eingeschlagen, ihr Freund wird erschossen, und Lauren wird von den Verbrechern in den Kofferraum eines Wagens verfrachtet und entführt. Die Polizei vermutet, daß Mädchenhändler oder gar schlimmere Zeitgenossen dahinterstecken, hat jedoch keine Spuren und schreibt die junge Frau ab. Glücklicherweise ist Lauren eine Tochter aus reichem Hause, und ihre Mutter Michelle (Carla Solaro) denkt nicht daran, sie ihrem Schicksal zu überlassen.
Zwar scheint Lauren ihrem aalglatten Stiefvater René (Achille Brugnini) am Allerwertesten vorbei zu gehen, aber mit etwas Geschick preßt Michelle eine Million Euro aus ihrem politisch engagierten Göttergatten heraus. Geld spielt keine Rolle, Hauptsache die verzweifelte Frau geht die Sache diskret an und veranstaltet keinen Aufruhr, das könnte ja seiner Karriere schaden. Also kontaktiert die völlig ahnungslose Michelle erst den Privatdetektiv David (Antonio Calandrino) und versichert sich dann der Dienste von Jean Luis (Gabriele Gori), eines Mannes, der sich in der Pornoszene gut auskennt und entsprechende Kontakte hat. Entschlossen taucht Michelle in den Sumpf aus Abartigkeiten und Perversionen ein und stößt tatsächlich auf eine heiße Spur, die sie erst nach Amsterdam und dann nach Hamburg führt, wo eine gewisse Dr. Hades (Anita Auer) eine wahre Snuffhölle dirigiert.
Michelle, ahnungslos: "What do they do with the people in this organization?"
David, bestens informiert: "Everything involved with... pornography, sadomasochism, bestiality... torture is big... pedophilia, snuff movies..."Mit
Snuff Killer - La morte in diretta drehte der unvergessene italienische Exploitation- und Trashpapst Bruno Mattei (1931 – 2007) anno 2003 seine ureigene Version von Paul Schraders
Hardcore (
Hardcore - Ein Vater sieht rot, 1979) und Joel Schumachers
8MM (
8MM - Acht Millimeter, 1999), ohne George C. Scott oder Nicolas Cage, dafür mit Carla Solaro (
Paprika). Im Laufe seiner sehr produktiven, mehrere Dekaden umspannenden Filmkarriere (beginnend mit
Armida, il dramma di una sposa (1970) bis zu seinem abschließenden Doppelschlag aus dem Jahre 2007,
L'isola dei morti viventi und
Zombi: La creazione) nahm es Mattei ja hin und wieder mit Begriffen wie "Copyright" oder "geistiges Eigentum" nicht sonderlich genau. Er betrieb fröhlich mal mehr, mal weniger, mal überhaupt nicht subtil Ideenklau und bediente sich frech bei allerlei beliebten Genrefilmen.
Man denke nur an unverwüstliche "Klassiker" wie
Virus (
Die Hölle der lebenden Toten),
Robowar - Robot da guerra (
Roboman) oder
Terminator II (
Contaminator... die Mordmaschine aus der Zukunft), welche ganze Szenenfolgen aus Filmen wie
Dawn of the Dead,
Predator oder
Aliens übernehmen.
Snuff Killer glänzt ebenfalls nicht gerade mit Originalität, hat aber das, was ich mal salopp den "Mattei-Touch" nenne, in Hülle und Fülle. So wie alles, was König Midas einst anfaßte, zu Gold wurde, so hatte Bruno Mattei die Gabe, aus seinen teils abstrusen Geschichten köstlichen Trash von enormem Unterhaltungswert zu zaubern. Gut war das, was er fabrizierte, freilich nur äußerst selten, aber das konnte ich ihm nie übelnehmen. Die Filme, die ich von ihm kenne (von seinen mehr als fünfzig Regiearbeiten ist das bestenfalls ein Viertel), machen einfach einen Riesenspaß und bescheren mir jedes Mal aufs Neue ganz famose anderthalb Stunden
guilty pleasure.
Michelle, hoffnungsvoll: "Got anything special?"
Dealer, gelangweilt: "Violence. Torture. Gang-Rape. Strong stuff, lady!"
Michelle, sich nicht mit solchen Harmlosigkeiten abgebend: "Nothing bigger around?"Snuff Killer bildet da keine Ausnahme. Trotz des billigen Looks, welcher wie eine verunglückte Mischung aus TV-Movie und Pornoproduktion wirkt, gibt es viel abzufeiern. Beispielsweise kann man die desaströsen schauspielerischen Darbietungen bejubeln (unterstützt von der grotesken englischen Synchro), die nahezu sämtliche Beteiligte hier abliefern. Den Vogel schießt dabei Anita "Dr. Hades" Auer ab, die ein dermaßen extravagantes Overacting zelebriert, daß meine Lachmuskeln Überstunden einlegen mußten. Da werden sofort Erinnerungen an Deborah Reeds grandiose Performance als Creedence Leonore Gielgud in Claudio Fragassos unsterblichen Überheuler
Troll 2 wach. Man kann sich aber auch an Matteis speziellem Regiestil ergötzen, gelingt es dem Maestro doch tatsächlich, einen klassischen Thrillerstoff ohne auch nur ein einziges Fünkchen Spannung zu inszenieren. Die Geschehnisse dümpeln eintönig dahin, aneinandergereiht wie Sexszenen in einem lustlosen Porno.
Überhaupt ist es Mattei hoch anzurechnen, daß er aus einer extrem unangenehmen Thematik eine launig-trashige Lachnummer zimmert, die auf fast keinem Gebiet zu überzeugen vermag. Selbst die beliebig aber immerhin mit Gusto eingestreuten Folter- und Tötungsszenen sind so lächerlich gestaltet und so klischeetriefend in Szene gesetzt, daß sie jedweden Realismus vermissen lassen und ihnen jegliche Härte abhandenkommt. Gelungen ist hingegen das Casting. Es ist schon irgendwie erstaunlich, daß fast sämtlichen der im Film vorkommenden Figuren etwas sleazig-perverses anhaftet, sodaß man ihnen ihre unguten Neigungen bereits an den Nasenspitzen ansieht. Da
Snuff Killer weder eine brauchbare Dramaturgie noch interessante Figuren aufweist, hilft es vielleicht, Konfuzius' berühmten Ansatz zu folgen:
Der Weg ist das Ziel. Ob Michelle ihr aufmüpfiges Töchterlein am Ende findet, rettet und in ihre Arme schließt, ist nebensächlich. Ihr beim Versuch zuzusehen, macht jedoch großen Spaß.
Egal ob Mattei - der sich hier hinter dem Pseudonym Pierre Le Blanc versteckt und der sich die Geschichte zusammen mit Giovanni Paolucci aus den Fingern gesogen hat - die brave, treue, unscheinbare Politikergattin durch die sündigen Viertel diverser Städte spazieren, sie in einem Kakerlaken-infizierten Stundenhotel einchecken, sie Pornomagazine durchblättern oder mit fremden Männern (harten) Sex haben läßt, das ist einfach fulminante
Exploitation all'italiana wie man sie kennt und liebt. Chapeau, Signore Mattei! Einfach dafür, daß Sie uns Fans auch in den 2000er-Jahren mit Schmutz dieser Art beglückten. Wobei anzumerken ist, daß der gute Mann hier eher zurückhaltend agiert (etwa aufgrund Altersmilde?) und die blutrünstigen Möglichkeiten der Materie (die Snuff-Thematik bietet ja eine Steilvorlage für ausgelassene, gewaltpornographische Aktivitäten) nicht mal ansatzweise ausschöpft. Aber das ist schon okay so, hätten ausgewalzte, widerwärtige Gewaltexzesse den beachtlichen Spaßfaktor womöglich doch erheblich getrübt.
Dr. Hades: "I detest violence! Except when inspired by me!"