OFDb"
Ich, das rechtschaffende Rotstiefelchen Jennifer und mich, der große böse Wolf George"


Beim Inspizieren der unteren Filmregalregionen fiel mir gestern rein zufällig die
DVD dieser italienischen Film-Obskurität in die Hände, die augenscheinlich im Herstellungsland immer noch nicht offiziell veröffentlicht wurde (?). Und da meine Erinnerungen an diesen psychomärchenhaften Genre-Mix nur noch spärlicher Natur waren, folgte im Anschluss auch gleich die entsprechende Auffrischung:
Giacomo Ciminis RED RIDING HOOD hat zwar inhaltlich -bis auf das Vorhandensein einer erdnussbutterallergischen Großmutter, eines rechtschaffenden Rotstiefelchens mit pathologischem Dachschaden und eines futuristisch wirkenden Killer-Wolfs- nicht allzu viel mit dem grimmschen Märchen gemein, zumal sich unsere 12-jährige Hauptprotagonistin alles andere als ein frommes Mädchen entpuppt. Anstatt fröhlich im nahe gelegenen Wald herumzutrollen und der erkrankten Großmutti hilfsbereit zur Seite zu stehen, schafft die in Rom alleinlebende Jennifer McKenzie (Susanna Satta) gemeinsam mit ihrem Freund George (der böse Wolf) viel lieber den lieben langen Tag über Recht, indem die beiden beispielsweise
Dieben, Ehebrechern, Lügnern und Fahrerflüchtigen gnadenlos die Rechnung machen. Dabei werden nicht nur diebische Hände fein säuberlich von den restlichen Armen abgetrennt oder fachgerechte Beinamputationen ambulant auf der Straße durchgeführt, sondern es wird auch noch genagelt was das Zeug hält - und zwar mit einer handelsneuen Nagelmaschine eines renommierten Werkzeugherstellers. Dumm nur, dass die spielverderberische Großmutter Rose (Kathleen Archebald) dem munteren Treiben ein Ende setzen möchte - aber sie hat dabei die Rechnung leider ohne Jennifer und George gemacht...
Es ist kaum zu glauben, aber dieser unbeschreibliche Genre Mix funktioniert letzten Endes einwandfrei, denn Giacomo Cimini ist es letztendlich mit seiner bis dato einzigen abendfüllenden Inszenierung gelungen, Elemente aus psychohaften Märchen-, Slasher-, Horror-, Splatter,- und Folterfilmen erfolgreich miteinander zu vermengen. Abgerundet wird das Ganze mit einer hervorragenden Kamerarbeit, die zugleich mit ihren entsprechenden Bildeinstellungen und Bewegungen für den mitschwingenden Giallo-Effekt sorgen. Hinzu kommen zahlreiche dezente Farbakzente, die in Verbindung mit den atmosphärischen und düsteren Set-Bildern eine ordentliche Stimmung verbreiten. Das war es dann aber auch schon, was dieser Film mit dem klassischen Giallo gemein hat, denn der Rest wirkt dann eher wie ein märchenhafter Horror-Trip, aus dem es für die bereits ordentlich gebeutelte Großmutter kein Entrinnen mehr zu geben scheint.
Eine sehr gutes Händchen bewies Cimini bei der Wahl seiner 12-jährigen Hauptprotagonistin, denn Susanna Satta verkörpert das selbstjustizielle Rotstiefelchen mit äußerster Bravour: ein garstiges Girl, das weder auf den Mund gefallen ist, noch seine Pillen zu den verordneten Zeiten zuverlässig einnimmt - denn anders lässt das bereits in jungen Jahren angestaute Wahnpotenzial nicht erklären. Hinzu kommt ein infernales Dauergrinsen, das gemeinsam mit der satirischen Humornote des Films nichts Gutes erahnen lässt.
Fazit: Ein außergewöhnlicher Genre-Mix, der durchweg positiv überrascht.


Trailer: